Die SPD-Fraktion im Rat der Landeshauptstadt Hannover hat gestern mehrheitlich beschlossen, das Expo-Park-Gelände und auch einen Teil des Parc Agricole aus dem Stadtteil Bemerode in den Stadtteil Mittelfeld einzugliedern, also in den Stadtbezirk Döhren-Wülfel.

Das schmerzt die SPD – Ortsverein und gleichermaßen Stadtbezirksratsfraktion – in Kirchrode-Bemerode-Wülferode sehr.

Fühlen wir uns doch mit der Entwicklung der Weltausstellung EXPO2000HANNOVER auf dem südlichen Kronsberg sehr verbunden. Und das nicht nur, weil wir uns in Nächte langen Sitzungen dieses Themas widmeten, sondern weil wir auch immer wieder Anregungen und Hinweise gaben und geben, die diese Gebiet betreffen und besonders dabei auf die öffentlichen Räume und ihren Zustand Bezug nehmen. Zwei Beispiele aus dem Bereich Naherholungsanlagen legen dafür beredtes Zeugnis ab: Die Gärten im Wandel sind ob ihrer zumeist mutwilligen Zerstörung zwischenzeitlich wieder in einen passablen Zustand versetzt – und auch der Expo-See sowie die zugehörigen Wassergärten erhielten von den zuständigen Stelle erhöhte Aufmerksamkeit und wurden intensiver gepflegt.

Nun fragen wir uns: Warum diese Entscheidung jetzt, wenn doch 1974 dieser Teil der damaligen Laatzener Feldmark im Zuge der Gemeindegebietsreform Hannover und dort bewusst dem Stadtteil und der Gemarkung Bemerode zugeordnet wurde? Das bis dahin auch in Laatzen liegende Messegelände mit den dieses umgebenden Parkplätzen wurde zum selben Zeitpunkt dem Stadtteil Mittelfelde angegliedert und dafür sogar eine neue Gemarkung gebildet.

Die Ausgangspunkte liegen in der Tat an ganz anderer Stelle und sind seit schon langer Zeit immer wieder aus der Einwohnerschaft geäußerte Fragen zur Stadtteilzugehörigkeit. Zum einen betrifft dies die Zuordnung der 1932 auf Bemeroder Gebiet entstandenen und heute so genannten Siedlung Seelhorst, 1937 nach Hannover eingemeindet und Teil der Gemarkung Wülfel geworden. Zum anderen handelt es sich um das Wohnquartier Seelhorster Gärten Süd – also südwestlich der Bemeroder Straße gelegen, das 1998 planerisch entwickelt wurde und heute zum größten Teil mit Wohnhäusern bebaut ist. Die Siedlung Seelhorst gehört heute zum Stadtteil Mittelfeld, örtliche Beziehungen bestehen aber in hohem Maße mit Bemerode. Beispiele dafür sind die Zugehörigkeit des Gebietes zur evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde in Bemerode und auch die Mitgliedschaft von dortigen Einwohnern in Bemeroder Vereinen. Das Wohnquartier Seelhorster Garten Süd gehört zum Stadtteil Seelhorst, ist aber bis auf eine Fußgängerbrücke über den Messeschnellweg mit dem Rest des Stadtteils nicht weiter unmittelbar verkehrlich verbunden.

Für die Siedlung Seelhorst wurde die Unveränderbarkeit der bestehenden Verhältnisse als nicht verhandelbar angesehen – bei gegenseitigem Respekt – wegen einer noch nicht eindeutig erkennbaren und geklärten Willensbildung der Einwohnerschaft. Für das Wohnquartier Seelhorster Gärten wurde dagegen eine Veränderung der Stadtbezirksgrenze beiderseits anerkannt. Aber die SPD in Döhren-Wülfel sah auch die Möglichkeit, sogleich das restliche Gebiet zwischen Messeschnellweg, Bemeroder Straße und Seelhorst gänzlich an den Stadtbezirk Kirchrode-Bemerode-Wülferode abzutreten, weil der Messeschnellweg faktisch eine Barriere bildet. Dafür verlangt sie jedoch als Ausgleich für den zu erleidenden Gebietsverlust das Expo-Park-Gelände.

Dieses war und sind wir, die SPD in Kirchrode-Bemerode-Wülferode, nicht bereit mitzutragen. Denn für uns ist die von Döhren-Wülfel vorgeschlagene Gebietsübertragung nur eine Rückübertragung, nur eine Revision der Grenzziehung aus der 50er Jahren. Das oben beschriebene Gebiet ist nämlich 1907 von der Gemeinde Kirchrode in das Stadtgebiet von Hannover eingebracht und zum Gutteil heute noch als Gemarkung Kirchrode katasteramtlich ausgewiesen. Überdies befinden sich für die Bewohner seit jeher Post und Nahversorgungseinrichtungen in Kirchrode und in Bemerode. Insoweit ist der Stadtteil Seelhorst auf Grund der amtlichen Ausweisung gemäß der Niedersächsischen Gemeindeordnung von 1955 (Benennung von Gemeindeteilen nach § 40) auf Flächen von Döhren und Kirchrode entstanden. Die Bemeroder Straße wurde die Stadtteilgrenze. Aber nicht die Bemeroder Straße, sondern tatsächlich der Messeschnellweg, in diesem Bereich bereits 1950 angelegt, bildet schon lange eine schwer zu überwindende Hürde, faktisch damit die eigentliche Grenze. Dabei nimmt der Messeschnellweg sogar in weiten Teilen den alten Grenzverlauf zwischen Döhren und Kirchrode in sehr engen Grenzen auf. Somit handelt es sich deshalb nur um eine Korrektur einer früheren Entscheidung, die deshalb nach unserer, der SPD in Kirchrode-Bemerode-Wülferode, Meinung nicht zu einem Flächenausgleich Anlass geben kann.

Abschließend drei Stimmen aus dem Ortsverein:

Bernd Rödel, unser SPD-Ortsvereinsvorsitzender in Kirchrode-Bemerode-Wülferode und Bezirksratsherr: „Wir gehen mit dieser Information an die Öffentlichkeit, weil wir bei diesem sehr komplexen Thema verständlich machen wollen, dass der geforderte Flächenausgleich ungerechtfertigt ist. Eine ungeliebte Fläche „hinter einer Barriere“ soll gegen eine weitgehend für High-Tech-Betriebe und nicht Zentren relevanten Einzelhandel entwickelte eingetauscht werden. Das ist keine akzeptable Regelung. Überdies halte ich eine Bürgerbefragung und damit die Einbeziehung der Betroffenen vor Ort für unabdingbar, um einer Verdrossenheit gegenüber der Politik entgegen zu wirken.“

Michael Klie, unser Stellvertretender SPD-Ortsvereinsvorsitzender und Ratsherr: „Obwohl seit Jahrzehnten berechtigte Interessen aus dem Bereich der Siedlung Seelhorst vorliegen, der Orientierung nach Bemerode Rechnung zu tragen, wird dieses ignoriert. Man kommt nicht darum herum, auch Antworten auf die Interessen der Anwohner in der Siedlung Seelhorst zu finden. Mindestens darf man erwarten, dass die dortige Bevölkerung nach ihren Wünschen und ihrer Stadtteilorientierung befragt wird. Eine Regelung zur Stadtbezirksgrenze ohne Einbeziehung dieses Bereichs ist unausgegoren.“

Knut Böhme, unser Vorsitzender der SPD-Fraktion im Stadtbezirksrat Kirchrode-Bemerode-Wülferode:
„Dem Vorschlag der Verwaltung – wie in der entsprechenden Drucksache 2446/2010 niedergelegt: Seelhorster Gärten Süd nach Bemerode, Grenzanpassung um die Expo-Plaza an die heutige Straßenführung – haben wir zugestimmt, weil wir ihn für vernünftig halten: an einer Stelle dem offensichtlichen Einwohnerwillen folgen, weil für umsetzbar verabredet und durchsetzbar erachtet – aber kein Flächentausch. Die Mehrheit der Ratsfraktion setzt auf Konfrontation mit uns. Das bedauern wir sehr.“