Heinrich Meister und August Brey, die ersten sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten aus dem achten hannoverschen Wahlkreis Hannover-Linden, hatten sich am 30. September nach Kirchrode aufgemacht, um mit den Menschen dort nach 100 Jahren anlässlich der Eingemeindungsfeierlichkeiten auf einem historischen Markt zu sprechen.

Vor 100 Jahren und 2007 auf dem historischen Markt an der Jakobikirche in Kirchrode (v. l. n. r.): Edelgard Bulmahn (MdB), Mark Eylitz als Reichstagsabgeordneter Heinrich Meister, Birgit Voß-Boner, Sigrid Leuschner (MdL), Knut Böhme und Fritz-Joachim Konietzny als Colonialwaren-Händler Gustav Bratke

Edelgard Bulmahn (MdB) traf auf ihre Vorgänger, Sigrid Leuschner, die Kirchröder und ihre Gäste waren dabei Heinrich Meister, von 1884 bis 1906 im Reichstag, und August Brey, sein Nachfolger von 1906 bis 1932, gehörten zu den wenigen Abgeordneten, die die SPD und ihre Anhänger in diesen Jahren vor dem Ersten Weltkrieg auf Grund des Mehrheitswahlrechts und der ungleichen Wahlkreiszuschnitte als Volksvertreter überhaupt nach Berlin entsenden konnten. Die Landtagsabgeordnete Sigrid Leuschner hatte aus dem Preußischen Abgeordnetenhaus keinen Gesprächspartner der SPD. Das Drei-Klassen-Wahlrecht hatte das verhindert.

Die damals geltenden Wahlsysteme hatte die SPD auf dem historischen Markt um die Jakobikirche in Kirchrode thematisiert, dabei das fehlende Frauenwahlrecht, ganz so, wie die politische Diskussion zu damaliger Zeit mit großer Vehemenz geführt wurde. Die Forderung nach einem allgemeinen, freien, gleichen und geheimen Wahlrecht stellte die SPD seit 1891. Es wurde dann erst nach dem Ersten Weltkrieg 1919 gesetzlich verankert.

Im Gehrock erschien auch Gustav Bratke, vor 100 Jahren Colonialwaren-Händler in Kirchrode, Unter den Linden (heute: Tiergartenstraße 91), dann ab 11. April 1945 Oberbürgermeister von Hannover und seit 1949 Ehrenbürger der Stadt, begraben auf dem Kirchhof in Kirchrode.

Mitglieder der SPD Kirchrode-Bemerode-Wülferode hatten sich im Theaterfundus umsehen können und schlüpften in die als trist angesehene, der Zeit jedoch entsprechende, durchaus authentische Bekleidung. Die SPD hat die äußerlichen Bedingungen für eine Marktbeschickung um die Jahrhundertwende mit Bravour erfüllt, aber auch die inhaltlichen mit der Darstellung von historischen Personen, aber auch mit Fotos von Gebäuden aus der alten Zeit. Häuser, die vor dem Ersten Weltkrieg gebaut wurden, waren auf 23 großformatigen Bildern zu sehen. Diese richtig zu verorten, war die Aufgabe, an die sich etwa 100 Besucher näher herantrauten. 13 von ihnen haben eine Urkunde erhalten, weil sie alle Bilder richtig erkannten. Die Aufgabe zu lösen, so mussten die Macher resümieren, war nicht einfach. Den Erkennungsexperten wurde deshalb bescheinigt, so der Text der Urkunde, dass sie „ein besonderes Wissen über das alte Dorf Kirchrode“ besitzen.